Die Oxford-Gruppe

Die Oxford-Gruppe und Alcoholics Anonymous AA

AA wird 90 – Wie alles begann

 

Die offizielle Geschichte von Alcoholics Anonymous AA, der Anonymen Alkoholiker, beginnt mit deren Geburt, die auf den 10. Juni 1935, dem ersten Tag des Beginns der andauernden Nüchternheit ihres Mitgründers „Dr. Bob“ datiert ist.

Es war allerdings eine längere Kette von Ereignissen, die schlussendlich zur Entstehung der heute weltweit ca. 2 Millionen Mitglieder umfassenden Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker führte, die sich nach aktuellen Schätzungen der AA-Zentrale New York in etwa 123.000 Gruppen treffen. Ihre Entwicklung hatte verschiedene Wurzeln in der Religion, der Psychologie und Medizin.

Ihren Ausgang nahm diese Entwicklung bei C. G. Jung in Zürich. Rowland H., ein wohlhabender junger Amerikaner, begab sich auf Grund zunehmender Verzweiflung seiner Unfähigkeit sein Trinken unter Kontrolle zu bringen, in die Behandlung bei einem der berühmtesten Psychiater dieser Zeit, bei Carl Gustav Jung, dem Begründer der analytischen Psychologie.

Nach fast einem Jahr verließ Rowland voller Zuversicht die Behandlung, wurde jedoch schon bald wieder rückfällig. Als er den Psychiater erneut wieder aufsuchte, erklärte ihm Jung, er sei ein völlig hoffnungsloser Fall; er würde nie wieder seine Stellung in der Gesellschaft zurückerlangen, und wenn er lange leben wolle, müsse er sich einsperren lassen. Auf Rowland´s Drängen, ob es denn gar keine Hoffnung gebe, räumte Jung ein, in seltenen Fällen seien Alkoholiker durch ein spirituelles Bekehrungserlebnis, das die ganze Persönlichkeitsstruktur umwälzte, von ihrem Alkoholismus genesen. (Vgl. Alcoholics Anonymous World Services Inc. 1989, S. 26 f)

Als Reaktion darauf trat Rowland H. der „Oxford-Gruppe“ bei, einer damals auch in Europa recht erfolgreichen evangelistischen Erweckungs-Bewegung, die versuchte, den Geist des frühen Christentums wiederherzustellen.

Dort hatte Rowland tatsächlich ein Bekehrungserlebnis, das ihn von seinem „Zwang zum Trinken“ erlöste. Zurück in New York wurde er dann in der „Oxford-Bewegung“, der Calvary Episcopal Church des Reverend Dr. Samuel Shoemaker, aktiv.  (Vgl. Kurtz 1988, S. 9) 

Quelle: Spiritual Care 1/2014 © W. Kohlhammer, Stuttgart  

Die „Oxford-Gruppe“ oder „Oxford-Gruppen-Bewegung“ war eine von zahlreichen überkonfessionellen „urchristlichen“ Erweckungsbewegungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie hatte ihren Schwerpunkt in den USA und England und erreichte ihren Höhepunkt in den 1920er und 1930er Jahren. Ihre wesentliche Zielgruppe waren Studenten.

Ihr geistiger Führer war der US-amerikanische Theologe Dr. Frank Nathan Daniel Buchman.

 

Die Lehre der Oxford-Gruppen gündete sich auf sechs wesentlichen Annahmen:

 

  • Der Mensch ist ein Sünder
  • Der Mensch kann verändert werden
  • Das Sündenbekenntnis ist die Voraussetzung für Vergebung und Veränderung
  • Der Mensch kann durch Gebet und Stille Zeit Gottes Willen erfahren
  • Gott wirkt auch heute noch Wunder
  • Der veränderte Mensch hat die Aufgabe, andere zur Veränderung anzuleiten                                                                                

     

Quelle: Spiritual Care 1/2014 © W. Kohlhammer, Stuttgart 

 

Und hier schließt sich dann der Kreis, der später zur Entstehung von Alcoholics Anonymous AA, zu Bill W. und Dr. Bob, deren Gründer führte.

Die Oxford-Gruppe legte besonderen Wert und großes Gewicht auf das Weitergeben der Botschaft und die Bekehrung anderer. Im Hinblick auf seinen eigenen Hintergrund beschloss Rowland, seine Bemühungen hauptsächlich auf Alkoholiker zu konzentrieren. Als er 1934 erfuhr, dass sein Freund „Ebby T." wegen seines Trinkens vor der Zwangseinweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus stand, gelang es ihm, diesen von der Ideologie der Oxford-Bewegung zu überzeugen und bei Gericht eine Bewährungsfrist zu erwirken.

Auch für Ebby wurde die Identifikation mit der Oxford-Gruppe wichtiger als der Alkohol. Um die Botschaft weiterzugeben, suchte Ebby dann den hoffnungslosesten Trinker auf den er kannte, seinen alten Freund „Bill W“.

Bills letzter Absturz ereignete sich am 11.11.1934. Er verließ zu diesem Zeitpunkt das Haus nur noch, um seine Alkoholvorräte aufzufüllen. Körperlich baute er stark ab, seiner Frau hatte man mitgeteilt, für ihren Mann gäbe es nur noch zwei Möglichkeiten: Tod oder Wahnsinn. 

Bill bemerkte sofort, dass Ebby sich stark verändert hatte, was sich nicht nur in der Ablehnung eines Glases Alkohol zeigte. Auch dass Ebby Bill von seinem Glauben erzählte, war ungewohnt. Doch der Aufforderung Ebbys, sich an Gott zu wenden, stand er zunächst ablehnend gegenüber. Ebby drängte Bill, sich an Gott zu wenden, wie er ihn verstand. Er stellte fest, dass sein Kumpel nüchtern war und aufbaute, während er trank und abbaute. Deswegen wünschte auch Bill Kontakt zur Oxford-Gruppe, wo er sich betrunken einfand und offen von seiner Alkoholabhängigkeit sprach. Die Gruppe betete für ihn und riet ihm, noch einmal ein Krankenhaus aufzusuchen.

Quelle: © Geschichte der 12-Schritte nach Schmidt, Lothar: Fahrschule des Lebens; Hilfe zur Selbsthilfe. 2010 by Friedrich Verlagsmedien

Dort besuchte ihn Ebby, und Bill, am absoluten Tiefpunkt angekommen, schrie nach Gott: „Wenn es einen Gott gibt, dann soll Er sich zeigen! Ich bin bereit, alles, alles zu tun!“

Quelle: © AA wird mündig 1990, S. 107  

Die Folge war ein Bekehrungserlebnis, bei dem ihm Gott ganz persönlich seine Herrlichkeit offenbarte: 

„Plötzlich wurde der Raum durch ein grelles weißes Licht erhellt. Ich wurde von einer Ekstase ergriffen, die man nicht mit Worten beschreiben kann. Vor meinem geistigen Auge schien es mir, als sei ich auf einem Berg, und dort würde kein Luftzug, sondern ein Wind des Geistes wehen. Und dann erfasste mich ein unendliches Gefühl der Freiheit. Langsam wich die Ekstase. Ich lag zwar auf dem Bett, aber jetzt befand ich mich für eine gewisse Zeit in einer anderen Welt, in einer neuen Welt des Bewusstseins. Um mich herum und durch mich durch ging ein wunderbares Gefühl von Geist, und ich dachte bei mir: ‚Also das ist der Gott der Propheten!' Ein Gefühl des Friedens durchdrang mich und ich dachte: ‚Egal wie falsch die Dinge sein mögen, sie sind immer noch in Ordnung. Die Dinge sind mit Gott und Seiner Welt eins.‘“ 

Quelle: © AA wird mündig 1990, S. 107

Dieses Erlebnis war der Wendepunkt in seinem Leben. Bill trank nie wieder Alkohol.

Im Juni 1935 trafen dann (siehe nachfolgender Absatz) auf wundersame Weise Bill W. und Dr. Bob in Bob´s Heimatstadt Akron in Ohio aufeinander, wo Bill auf Geschäftsreise war, beim Blick auf die Hotel-Bar plötzlich Trinkdruck verspürte und einen anderen Alkoholiker zum Reden brauchte, um nicht wieder abzustürzen.

1935 setzte die Oxford-Gruppe in Akron ein Extrameeting an, weil eines ihrer Mitglieder, ein Dr. Bob, infolge seiner Alkoholabhängigkeit immer mehr abbaute. Dr. Bob und seine Frau waren zwar regelmäßig Teilnehmer der Gruppentreffen, jedoch hatte er es bisher immer vermieden, über sich und seine Sucht zu sprechen. Auf jenem Extrameeting schließlich sprach Dr. Bob offen von seiner Trunksucht. Er bat die Mitglieder, für ihn zu beten, was auch geschah. Kurze Zeit später, und das ist als Gebetserhörung anzusehen, weil es so viele Zufälle gar nicht gibt, trafen Bill und Bob zusammen.

Der 10. Juni 1935, der Tag, an dem Bob sein letztes Glas Alkohol trank, ist der Geburtstag der Anonymen Alkoholiker.

Quelle: © Geschichte der 12-Schritte nach Schmidt, Lothar: Fahrschule des Lebens; Hilfe zur Selbsthilfe. 2010 by Friedrich Verlagsmedien

 

Die Anonymen Spieler Freiburg gratulieren zum 90. Geburtstag von AA und bedanken sich für die 12 Schritte, die wir für unseren Genesungsweg übernehmen durften.

 

Mein Fazit: Für mich persönlich eine Geschichte, wie nur Gott selbst sie zu schreiben vermag, um denen Hoffnung zu bringen, die keine Hoffnung mehr haben.