Die Geschichte der Anonymen Spieler Freiburg

Ein Rückblick von Ralf

Ich bin der Letzte der Gruppenfreunde, der bis auf die frühen Anfänge des Gründungsjahres 1988 der Freiburger "Anonyme Spiel-Selbsthilfegruppe"(so nannten wir uns anfangs) aus eigener Erfahrung zurückblicken kann und deshalb ist es mir Ehre und Freude zugleich, euch von fast Anfang an berichten zu dürfen. 

Die Freiburger Anonyme Spiel-Selbsthilfegruppe gründete sich im Sommer 1988 auf Initiative von Christian, eines Freiburger Automatenspielers hin. Christian machte mit einem Pressebericht in der Badischen Zeitung auf sich und sein Problem und die neu von ihm gegründete Selbsthilfegruppe für Spielsüchtige aufmerksam.

Ich kam im Spätjahr 1988 in die Gruppe, die zu damaligem Zeitpunkt aus den vier Spielern: Christian, Thomas, Olli und Ralf K. bestand.

Die Gruppe ist anschließend durch die Flut der scheinbar aus dem Boden sprießenden neuen Spielhallen schnell gewachsen und Ende 1990 bestand sie bereits aus weit über zwanzig Teilnehmern.

Durch die hohe Teilnehmerzahl und ohne fachliche Gruppenleitung, waren die Treffen allerdings oft auch nicht themenbezogen, sondern von endlosen Diskussionen, Fußball- und Formel 1-Gesprächen und vielen Streitereien und Machtkämpfen untereinander begleitet, was nicht wenige Male dazu führte, dass einige Teilnehmer direkt nach einem Treffen spielen gegangen sind, obwohl wir uns den Codex auferlegt hatten, dass am Tag wo Gruppe ist, nicht gespielt wird. Auch ich gehörte regelmäßig zu diesen Kandidaten. Diese Gesamt-Konstellation brachte uns schlussendlich dazu, uns Ende 1990 in zwei Gruppen zu teilen, wobei eine davon als geschlossene Gruppe und unter therapeutischer Leitung nicht mehr für neu hinzukommende Spieler offenstand.

Die offene und bis heute existierende Gruppe, in der auch ich verblieb, wurde dann ebenfalls auf unsere Anfrage hin durch einen Sozialarbeiter des Jugendhilfswerkes, deren Räumlichkeiten wir für unsere Treffen nutzten durften, unterstützt und an jedem zweiten Treffen, also alle 14 Tage, begleitet. 

In dieser Zeit nahmen Helmut und Ralf K. bereits die ersten Kontakte zu den Anonymen Spielern (GA) auf. Ich selbst bin im Spätsommer des Jahres 1991, nach vielen Rückfällen und verzweifelten Versuchen spielfrei zu werden, wieder völlig abgestürzt und habe mich bis Oktober 1994 an meinen persönlichen Tiefpunkt gespielt und gesoffen. Da ich in dieser Zeit, bis 1995, die Treffen nicht mehr besuchte, kann ich über diesen Zeitraum nicht aus persönlicher Erfahrung berichten.

Was ich jedoch weiß, ist, dass Helmut und Ralf K. in dieser Zeit die Deutschlandtreffen der Anonymen Spieler in München (1993) und Bonn (1994) besuchten. Die dort gesammelten positiven Eindrücke, sollten eine entscheidende Rolle für den Anschluss unserer Gruppe an die Anonymen Spieler im Jahre 1996 spielen.

Ich persönlich bin schließlich wieder im Juni 1995 zur Gruppe gestoßen und bis zum heutigen Tag dabeigeblieben.

Nachdem Roland, der Sozialarbeiter des JHW, der unsere Gruppe nach wie vor alle 14 Tage begleitete, sich 1996 von der Gruppe aus persönlichen Gründen löste und er zusätzlich auch der Meinung war, dass wir nun als Gruppe gereift genug waren, um uns in Zukunft ganz gut selbst tragen zu können, stellte sich uns jetzt natürlich zuallererst die Frage, in welcher Form wir uns in Zukunft treffen und austauschen wollten. Die größte Besorgnis bestand für uns alle darin, wieder in alte Verhaltensweisen zurückzufallen.

Nach vielen Gruppenabenden, an denen wir die ganze Bandbreite der Vor- und Nachteile einer offenen Selbsthilfegruppe, und den vorgegebenen Strukturen bei einem Anschluss an die Anonymen Spieler miteinander durchdiskutierten, fassten wir dann Ende 1996, nach dem GA-Deutschlandtreffen in Hannover, welches auch mein erstes D-Treffen war, den Entschluss, uns den Anonymen Spielern anzuschließen.

Nun wurde reichlich GA-Literatur bestellt und die Kontaktstelle (heute Geschäftsstelle) in Hamburg, wie auch die Freunde Hubert und Harald aus der GA-Gruppe Oberkirch, unterstützten uns beim Übergang und Aufbau der ersten GA-Gruppe in Freiburg. Ab jetzt waren wir Teil der weltweiten Gemeinschaft der Gamblers Anonymous GA, der Anonymen Spieler. 

Eine gute, weise und nachhaltige Entscheidung, so meine persönliche Feststellung nach all den Jahren in der Gemeinschaft.

Ich habe viele Freunde und Freundinnen in all diesen Jahren durch die Gruppen gehen sehen. Sehr viele Freunde. Viele kamen nur einmal. Manche kamen mehrmals. Viele sind wieder gegangen, und nicht mehr wiedergekommen. Einige sind wiedergekommen, um dann doch erneut wieder zu gehen. Nur wenige sind dauerhaft geblieben und haben begonnen das 12-Schritte-Programm als Lebensprogramm für sich anzunehmen.

Die Anonymen Spieler sind bestimmt nicht die Einzigen, die eine Antwort auf das Problem Spielsucht gefunden haben. Aber wir alle die dabeigeblieben sind, wissen, und können durch unseren Genesungsweg und unsere dauerhafte Spielfreiheit bezeugen, dass das 12-Schritte-Programm an uns wirksam geworden ist und auch da funktioniert hat, wo vormals alles andere fehlgeschlagen ist. Aus einstmals hoffnungslosen Fällen, wurden wieder zufriedene, verantwortungsbewusste und nüchtern denkende Menschen, die der Gesellschaft heute wieder das zurückgeben können, was sie ihr vormals so vernichtend entrissen haben.

Inspiriert durch Hubert und Harald, den zwei Freunden aus der Oberkircher Gruppe, brachten wir uns als Gruppe auch schnell in die Arbeit unserer Region Süd ein. Diese gemeinsame Regionsgruppenarbeit und die dabei von uns übernommenen Dienste, die Freundschaften und all die vielen tollen Erlebnisse, haben uns als Gruppe enorm stabilisiert und dauerhaft sehr wertvolle und nachhaltige Erfahrungen hinterlassen. Viele Freunde der Freiburger Gruppe wirkten dabei als Regionsgruppensprecher, Stellvertreter, als gemeinsamer Dienstsekretär(GDS) und als Vereinsmitglieder unseres juristischen Trägervereins, nun auch an den Tätigkeiten und Aufgaben der Gesamt-Gemeinschaft der Anonymen Spieler mit.

Gemeinsam mit Freundinnen und Freunden aus den Gruppen Neckarsulm, Oberkirch (heute GA-Offenburg), Ravensburg, Stuttgart und Waldshut, richtete unsere Region Süd ihr erstes Deutschlandtreffen 1998 auf Schloss Ortenberg aus. An der Planung und Ausrichtung des D-Treffens 2003, ebenfalls auf Schloss Ortenberg, beteiligten sich mit uns auch wieder die Gruppen Neckarsulm und Oberkirch.   

Alle diese wertvollen Erfahrungen und die durch diese Dienste verbundene Genesung, versuchen wir seit dort immer wieder an die neu hinzukommenden Gruppenmitglieder weiterzugeben.

So beim Schreiben denke ich gerade: "Es ist doch recht viel Erwähnenswertes passiert in 35 Jahren Spieler-Selbsthilfegruppe-Freiburg."

Alle Gruppendienste lassen wir turnusmäßig mit Anlehnung an den Guidance-Code(Orientierungs-Kodex) rotieren, damit so viele Freunde wie nur irgend möglich in Verantwortung kommen und daran wachsen können. Und wir sind behutsam darauf bedacht, nach bestem Wissen und Gewissen, im Sinne unserer 12. Tradition, Prinzipien über Personen zu stellen.

Natürlich machen wir auch oft Fehler in allem was wir tun; sammeln dadurch positive, sowie negative Erfahrungen, - und lernen daraus, damit wir es an die nächsten Freunde besser weitergeben können. Doch wir tun was. Wir haben in unserer Zeit als Selbsthilfegruppe gelernt, dass Stillstand, in der Gruppe, wie persönlich, Gift für unsere Genesung ist.

Im April 2005 gründeten wir die Gruppe in Lörrach und im Juni 2006 starteten wir bereits mit der Gruppe Villingen. Beide Orte liegen ca. 75 km von Freiburg entfernt. Mit einem Gruppen-Stamm von damals 6-8 Freunden bewältigten wir diese uns schier überfordernden Aufgaben von zwei parallel zu betreuenden Meetings, deren Anfänge so grundverschieden waren. Es darf nicht vergessen werden, dass wir in dieser Zeit selbst zwei Meetings am Donnerstag und Sonntag in Freiburg hatten und nicht wenige Freunde besuchten nun oft vier Treffen die Woche.

Während die Gruppe in Lörrach vom Start weg - nach einer vorausgehenden Pressemitteilung, wie auch in Villingen - ganz gut und stabil anlief, obwohl anfänglich auch hier eine recht hohe Fluktuation der Teilnehmer herrschte, hat sich dort recht schnell ein stabiler und eigenständiger Teilnehmerkreis gebildet, dem nach den Anfangs-Monaten die Gruppenverantwortung übertragen werden konnte und wir nur noch als Gäste ab und an vorbeischauten. 

Die Gruppe in Villingen, ließ uns hingegen fast verzweifeln. Und wenn nicht unser Freund Michael gewesen wäre, der diese Gruppe in den ersten beiden Jahren fast im Alleingang aufgebaut hat, hätten wir vermutlich nach einem Jahr wieder aufgegeben, nachdem sich zweimal hintereinander ein Stamm von jeweils 3-4 sich gefundenen Freunden, auch wieder vollständig auflöste. Erst der dritte sich gebildete Gruppenstamm, nach gut einem Jahr, war dann stabil und zukunftstragend genug für die bis heute existierende Gruppe. 

2007 wurde das Deutschlandtreffen von uns in Freiburg ausgerichtet. Wir konnten, weil wir ja schon zwei D-Treffen mit der Region geplant und veranstaltet hatten, auf diese dabei gemachten Erfahrungen zurückgreifen, damit es ein durchaus gelungenes Treffen werden konnte.

Vom Frühjahr bis zum Spätsommer 2009 haben wir regelmäßig alle 14 Tage ein Informationsmeeting im Jugendtreff im Freiburger Brennpunkt-Stadtteil Haslach angeboten. Gut zwei Jahre traf sich dann eine von Tobias als Gruppensprecher betreute neu gegründete GA-Gruppe jeden Dienstag im Jugendtreff, welche sich aber aufgrund beruflicher Veränderungen bei Tobias und zu wenig Zuspruch und Annahme leider wieder auflöste.

Auf regelmäßig über 20 Teilnehmer ist unsere Donnerstag-Stamm-Gruppe bis Ende 2009 angewachsen. Zu viele Teilnehmer für ein Meeting, in dem alle noch ausreichend zu Wort kommen sollten.

So wagten wir wieder etwas Neues. Es entstanden im Dezember 2009, mit Armin und mir in der Planungsverantwortung, die Mittwochsgruppe, und im Januar 2010, wie schon erwähnt, die von Tobias begleitete Dienstagsgruppe, sodass wir zu der Zeit in Freiburg drei GA-Gruppen, mit wöchentlichen Meetings anbieten konnten. 

Durch diese Gruppenerweiterungen haben, und werden wir wohl noch weiter, wiederum neue Erfahrungen sammeln können. Aber davon wollen wir euch später berichten.

Vom 26.09. - 28.09.2014 richteten die Mittwochs- und Donnerstags-Gruppen Freiburg ihr mittlerweile 4. Deutschlandtreffen - zwei davon mit der Region zusammen - in Breisach am Rhein aus. An der Planung und Durchführung war ich persönlich nicht beteiligt. Aber alle mir zugegangenen Informationen über dieses Treffen waren mehr als positiv. Es war ein gelungenes und harmonisches Deutschlandtreffen, das an diesem Wochenende zudem noch von Freitag bis Sonntag mit einem strahlend blauen Himmel und angenehmen spätsommerlichen Temperaturen verschönert wurde, sodass dieses Treffen vielen Freundinnen und Freunden der Gemeinschaft wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird.      

Ja, es ist wirklich viel passiert, in den vergangenen 35 Jahren unserer Spieler-Selbsthilfegruppe Freiburg.

Leider sind aber auch in all dieser Zeit einige unserer Freunde zwischenzeitlich verstorben und für immer von uns gegangen.

Gerade euch: Josef, Armin B., Siegfried, Olli, Karlheinz und Branko, gilt in diesem Moment, in dem ich diese letzten Zeilen unserer Gruppen-Geschichte niederschreibe, nicht nur mein, sondern unser aller Gedenken; an all die gemeinsamen Meetings, in denen ihr eure Erfahrung, Kraft und Hoffnung mit uns geteilt habt und wir euch schätzen, achten und lieben lernen durften. Unsere Erinnerungen an euch als Freunde und Begleiter, die in all dieser gemeinsamen Zeit, in der wir mit euch zusammen auf dem Weg sein durften, bei uns entstanden und haften geblieben sind, werden nicht verblassen und vergehen. Ihr lebt durch die schönen, unvergessenen Augenblicke, durch all die Stunden, Tage und Jahre, die wir mit euch verbringen durften, in unseren Gedanken und unseren Meetings weiter.    

 

Ich danke allen alten und gegenwärtigen Freundinnen und Freunden für diese wunderbare Zeit, in der wir als Gruppe gemeinsam auf dem Weg der Genesung waren, und dabei so viel Erfahrung, Kraft und Hoffnung miteinander teilen durften; - und auch weiterhin dürfen.

 

Gute 24 Stunden euch allen.

In Verbundenheit, Ralf